Entscheidung

Jedes Mal, wenn ich meine Kinder anschaue, wird mir klar, dass es überhaupt nicht selbstverständlich ist, dass sie vor mir stehen. Keines von ihnen war jemals geplant.

Marley und Mary kamen unverhofft in meiner Schulzeit. In den Schwangerschaften mit beiden litt ich unter extremer Übelkeit, sodass ich auf künstliche Ernährung angewiesen war. Bei Mary bekam ich ein Portsystem; leider entwickelte sich eine Thrombose, sodass ich am Herzen operiert werden musste. In beiden Schwangerschaften hatte ich zudem massiven Nierenstau und Koliken. Deshalb folgten OPs an der Niere. Man teilte mir mit, dass diese Folgen für die Zukunft haben könnten. Doch ich habe mich für weitere OPs entschieden.

Bei Marley erhielt ich eine Not-OP an der Niere, als ich einen Herzstillstand hatte. Marley hat hiervon leider Folgen davongetragen: Er wurde aufgrund meines Nierenstaus und -versagens verfrüht in der 33+0 SSW geholt. Auch Mary kam bereits in der 33+0 SSW zur Welt. Der Kaiserschnitt hätte eigentlich 33+1 SSW erfolgen sollen. Doch an einem Sonntagmorgen hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Also wurde der Kaiserschnitt vorverlegt – Gott sei Dank! Die Gebärmutter drohte, vollständig zu zerreißen. Bei beiden Kindern lag ich von Anfang mit Wehenhemmern und heftigen Wehen an im Krankenhaus. Obwohl beide in der Schulzeit kamen, habe ich mein Abitur geschafft.

Nach dem Abitur folgten Jahre, in denen ich schwer krank war. Die Niere machte mir Probleme – mehrfache Sepsis (Blutvergiftung), Intensivstation, wieder Portsystem, insgesamt 40 OPs. Meine Ehe hat das sehr belastet. Wir trennten uns, nachdem ich wieder gegen eine Sepsis gekämpft hatte. Kurz nach einer Herz- und Nieren-OP hatte ich Sex mit einem Freund. Es war nur Spaß, Ablenkung. Leider klappte die Verhütung nicht, was ich eigentlich als nicht allzu schlimm einschätzte. Denn die massiven Verwachsungen im Bauchraum und der Tumor in der Gebärmutter hätten es eigentlich unmöglich machen sollen, schwanger zu werden.

Die „Pille danach“ durfte ich nicht nehmen, weil ich just eine Thrombose mit Embolie (Verstopfung eines Blutgefäßes) überlebt hatte. Als ich ein paar Wochen später mit Blutungen ins Krankenhaus kam, hätte ich es nicht für möglich gehalten: Ich war schwanger. Mein Mann und ich wollten unserer Beziehung gerade noch eine zweite Chance geben … Und nun das: Das Kind war nicht von ihm. Was sollte ich nur tun?

Doch ich wollte dem Wunder die Möglichkeit geben, zu leben. Die Ärzte machten mir keine Hoffnung, viele rieten aufgrund der Thrombosegefahr zur Abtreibung. Zudem wusste man nicht, ob der Tumor gut- oder bösartig war; die Niere war permanent gestaut und verursachte Koliken; Dauererbrechen mit künstlicher Ernährung; massive Blutungen mit Transfusionen; Wehen und die Angst, dass ich eine Gebärmutterruptur haben könnte …

Ab der 5. SSW blieb ich über Wochen im Krankenhaus. Es war hart – für alle! Ich merkte, dass mein Mann mich liebt, er unterstützte mich sehr. Meine Kinder besuchten ihre Mama im Krankenhaus. Wir verbrachten viel wertvolle Zeit zusammen. Ab 21+5 SSW war ich jeden Tag im Kreißsaal. Zu dieser Zeit wollten sie das Kind bereits holen. Ich hatte massive Blutungen und Wehen – Narbe unter 1 mm.

Es war eine Achterbahnfahrt. Doch an diesem Morgen des 3. Mai 2017 entschieden sich die Ärzte endgültig, Melody zu holen – es war die 30+0 SSW. Meine Plazenta löste sich …
Nach der Geburt blieb ich selbst noch sechs Wochen im Krankenhaus, Melody sogar acht Wochen. Der schönste Augenblick war, als ich alle meine Kinder zusammen um mich hatte. Jetzt, 15 Monate nach der Geburt, die teilweise sehr hart waren, bin ich unendlich dankbar, nie aufgegeben zu haben. Wir halten zusammen!

(Sunny, im August 2018)

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